Freitag, August 03, 2012

Über das Abschmieren und Abnebeln

REGELMÄSSIGES

Schmieren beruhigt. Es gibt Autos, die schmieren wir selber ab, alle hundert Kilometer während der Fahrt mit einem Druck des linken Fußes auf einen langen Knopf. Diese Autos haben Zentralschmierung. - Die anderen Autos müssen wir in regel­mäßigen Abständen zum Kundendienst bringen, sie werden über Montagegruben gefahren oder von Hebebühnen in die Luft gehoben, und ölglitschige Männer gehen sie von unten an mit Hochdruckpressen.

In dem einen Fall muß man sich auf die Unzulänglichkeit des mechanischen Teils verlassen. Im anderen Fall auf die Unzu­länglichkeit des menschlichen, verölten Wesens.

Wenn die 'Eindruckzentralschmierung' versagt, merkt es kei­ner, solange, bis irgendwo etwas jämmerlich quietscht und fest­geht und ausgewechselt werden muß. Wenn der Mensch in der Montagegrube versagt, dann geht es meistens gut, denn der nächste andere Mensch in einer anderen Montagegrube oder unter einer anderen Hebebühne merkt es und sorgt für Aus­gleich.

Die Zentralschmierung ist elegant. Die Hochdruckschmierung an einzelnen Nippeln ist sicherer. - Die Zentralschmierung ist ein Verkaufsargument. Die Hochdruckschmierung an verschie­denen Nippeln ist Erkenntnis.

Zur Zentralschmierung ist technisch weiter nichts zu sagen. Sie geht, oder sie geht nicht. Man soll sie häufiger betätigen, als es vorgeschrieben ist. Man soll kein dickes Öl verwenden. Man soll darauf achten, daß der Ölbehälter gut gefüllt ist, denn wenn einmal Luft in das System gerät, dann kostet es Montage. Und kaum eine Werkstatt weiß, wie man die aus Gründen des Ölmangels in das System gelangte Luft wieder entfernt. Ist es einmal so weit gekommen, daß das Bodenventil des Ölbehälters zutage getreten ist, dann hat man Luft in die Schmierschläuche gepumpt; diese Luft bildet federnde Polster, und verhindert bei wiedergefülltem Behälter, daß Öl an die Lagerstellen gerät.

Autobesitzer mit Hochdruckschmierung sollen sich auch nicht auf die Spezialkundendienstwerkstätten verlassen. Wirklich vorausgesetzt, daß deren Leute alle Schmierstellen kennen, alle Nippel, so geraten sie doch zuweilen in Konflikt, weil Nippel renitent sein können oder unbequem gelegen.

Deshalb bleiben Sie dabei! Steigen hinab in die Grube und sehen hinauf zum Wagen. Oder begeben sich trotz der Gefahr des heruntertropfenden Öls mit unter die Hebebühne. Nehmen Sie den Schmierplan zur Hand, achten Sie darauf, daß der Abschmiermann, bevor er mit seinem Gerät auf die Nippel geht, die Nippel blitzsauber putzt. Tut er es nicht, so drückt er mit seinem Hochdruckgerät gemeinsten Straßendreck in die Lager. - Schwierig wird es für den Abschmiermann, wenn solch ein Schmiernippel aus Bosheit das gut gemeinte Fett nicht an­nehmen will; es geht an dem Nippel vorbei, es will nicht hinein. Der Abschmiermann - wenn Sie nicht dabei stehen - resigniert und wendet sich dem nächsten Nippel zu...

Alexander Spoerl, Mit dem Auto auf du, Piper 1953

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